Mont-Blanc
Mont-Blanc
Mont-Blanc

Hochtour

Trois Monts Route auf den Mt. Blanc

Trois Monts Route auf den Mt. Blanc

Trois Monts Route auf den Mt. Blanc

Chamonix Mont Blanc

-

Completed in

August 2024

Vier Tage haben wir nun im Van in Chamonix auf ein gutes Wetterfenster gewartet. In den (Berg-)Sportläden hier lässt es sich die Zeit zwar gut vertreiben – wir sind jedoch sehr froh, als die Wolken den Blick auf das Mont Blanc Massiv wieder frei geben. Früh am morgen erreichen wir am 19.08. die Cosmique Hütte an und klettern gleich darauf am Mittag den Cosmique Grat als Akklimatisationstour. Abends beraten wir uns mit den anderen Bergsteigern auf der Hütte bezüglich unserer Pläne für den nächsten Tag. Wir blicken von der Hüttenterasse auf die Seracs des Mt. Blanc du Tacul. Hier ist zwei Wochen zuvor ein Unglück passiert - ein großer Serac hat sich gelöst und mehrere Seilschaften mitgerissen. Nach dem Unfall kam eine Schlechtwetter-Periode. Es hat viel geschneit und es gibt demnach nirgends Aufstiegsspuren. Nichtsdestotrotz, sollen die Touren-Bedingungen morgen sehr gut werden - die klare Nacht verspricht festen Firn und gutes Wetter soll den ganzen Tag über anhalten.

Wir treffen die Entscheidung, morgen erst einmal bis auf die Schulter des Tacul aufzusteigen. Dort würden wir abwägen - entweder wir gehen auf den Gipfel des Tacul und steigen zügig wieder ab um das Risiko einer Serac Lawine zu minimieren. Oder - sollten wir uns gut fühlen und schnell vorankommen, würden wir noch versuchen im Anschluss die Schulter des Maudite zu erreichen. Die Maudite steht hinter dem Tacul und ist der 2. Berg, der bei der Trois Monts Route auf den Mount Blanc überschritten wird. Die Schulter des Maudite stellt zudem die Schlüsselstelle der Tour dar. Die Flanke ist sehr steil und nicht absicherbar. Bei Blankeis wird sie unmöglich, aber auch mit Schnee bleibt die Stelle heikel - wenn jemand rutscht, würde man hier die ganze Seilschaft mitreißen. Nach der Schulter, ist der Weg zum Mount Blanc dann allerdings technisch nicht mehr anspruchsvoll. Hier warten „nur noch“ ein weiterer Abstieg und ein langer Aufstieg (in 4.500-4.800 Metern Höhe) auf das Dach Europas. Wir würden uns die Schlüsselstelle bei der Maudite morgen früh gerne schon einmal anschauen und abwägen, ob wir uns diese übermorgen zutrauen würden. Im besten Falle würden wir übermorgen dann gut akklimatisiert und mit Vorwissen über die Trois Monts Route den Mount Blanc erklettern. Und doch sollte es anders kommen...

Um 1:30 klingelt unser Wecker, pünktlich um 2:30 erreichen wir über den Gletscher den Fuße des Tacul. Unser Material und unser Seil haben wir gestern schon vorbereitet, unser Frühstück ist kurz und das Anziehen geht schnell. Wir sind ein eingespieltes Team und daher auch eine der ersten Seilschaften in der Route. Ich laufe den ersten Teil vorne und suche uns unseren Weg über einen großen Bergschrund, einige Spalten und Steilhänge. Das Gelände ist durchgehend steil, ich bin froh, dass ich mein Pickel vor jedem Schritt tief in den Firn schlagen kann und so gut Halt finde. Es ist stockfinster und ich konzentriere mich auf die präzise Platzierung meiner Steigeisen im Schein meiner Stirnlampe. Wir bleiben den ganzen Weg über am Seil eingebunden. Als mir bei einem senkrechten Firnhang ein Schuh aufgeht, wird mir mulmig zumute. Wenn ich jetzt Rutsche, zieht es uns beide in die Tiefe. Um Meinen Schuh neu zu binden ist es viel zu steil. Ich schlage meinen Pickel also noch fester in das Eis und konzentriere mich darauf, trotz wenig halt im linken Fuß immer mindestens drei Kontaktpunkte zur Wand vor mir zu haben. Oben angekommen atme ich erleichtert tief durch und wir tauschen die Führung - für den nächsten Abschnitt muss ich mich nicht mehr auf die Wegfindung konzentrieren.

Wenig später haben wir auch schon die Schulter des Tacul erreicht. Die Uhr verrät - es ist 4:30, wir haben 2 Stunden gebraucht und liegen vor unserer vereinbarten Cut-Off-Zeit. Wir fühlen uns beide sehr fit, die Höhenmeter gehen uns leicht von der Hand und wir sind nicht müde. Allerdings wird uns etwas bewusst: „Das was wir da gerade hoch sind, das gehe ich nicht im Abstieg zurück“ - sage ich. Wir sind uns einig. Die einzige Alternative zu dem steilen Tacul-Hang unter den bedrohlichen Seracs ist: der Aufstieg auf den Mount Blanc. Und den Anschließenden Abstieg auf der anderen Seite - auf dem Normalweg. Also gut, so soll es sein. Schlimmer kann es nicht werden (denken wir hier jedenfalls noch).

Wir steigen also von der Schulter des Tacul ein Stück ab, und zur Maudite wieder auf. Wir sind zu weit links, stellen wir mit den anderen Seilschaften fest und versuchen es weiter rechts. Wir erreichen den Grund einer Spalte, über die wir drüber müssen. Eine Seilschaft vor uns beginnt die Kletterei. Sie hämmern so viel Eis auf und runter, dass wir skeptisch werden und uns für einen Weg weiter rechts entscheiden. Ein Eis-Couloir - recht Steil, aber bestimmt besser als das, was die anderen da hoch sind (denken wir). Bálint steigt vor - er hat die Theorie des Eiskletterns vorbildlich via YouTube erlernt. Er hat sich daher auch - zu unserem Glück - dafür entscheiden Quarks (zwei schwere, gebogene Eisgeräte) mitzunehmen. So kommen diese hier zum Einsatz.

Ich tue mich im Nachstieg mit meinem einen Hochtourenpickel schwer. Immerhin ist die eisqualität hier gut genug für eine Eisschraube, über die Bálint mich nachsichert. Wofür ich sehr dankbar bin. Wir wiederholen diese Prozedur über vier Seillängen. Die dritte ist besonders steil, die Absicherung nicht sonderlich gut und meine Emotionen überwältigen mich für einen Moment. Bálint spricht mir Mut zu, ich atme tief durch und habe meine Panik wieder unter Kontrolle. In das Eis vor uns gelehnt, mit brennenden Waden auf den Frontalzacken unserer Steigeisen, werden Hände und Füße immer kälter. Ich bin so froh, als wir nach einer Traverse das 80 Grad steile Couloir hinter uns lassen und in Aufstieg die Spuren der Seilschaften vor uns finden. Sie sind uns nun einiges Voraus, wir haben in unserem Exkurs Zeit verloren. In der Zwischenzeit ist die Sonne aufgegegangen, wir schalten unsere Stirnlampen aus und vor uns taucht die eigentlich Schlüsselstelle, die „Crux" der Route auf.

Die schneebedeckte Eiswand zur Schulter der Maudite ist ebenfalls kein Spaß, aber bei weitem besser als das, was wir gerade hinter uns haben. Der in der Tourenbeschreibung als „entschärfend“ beschriebene Bohrhaken kommt viel zu spät, um die schwerste Passage zu entschärfen. Aber egal, wir haben fast die Schulter erreicht. Noch ein paar Schritte und wir sind oben. „Da unten in der Sonne machen wir Pause“ - es folgt ein weiterer Abstieg über ein paar Spalten, nichts wildes. Und dann Durchatmen. Wir umarmen uns - es fühlt sich Absurd an, was wir da hinter uns bracht haben. Die Bedingungen und die veränderte Route (durch den sich bewegenden Gletscher) haben die Route schwerer gemacht, als wir es uns hätten vorstellen können. Aber wir haben’s gerockt. Wir stehen im Col de Brenva auf 4.300 Meteren. Jetzt heißt es nur noch 500 Meter aufsteigen. Ein schneller Riegel und wir begeben uns an den Aufstieg. Ich spüre, wie das Adrenalin in meinem Körper nachlässt und ein Teil der Anspannung von mir fällt. Wir wissen zwar nicht, wo wir heute schlafen, wo und ob wir ankommen werden.

Aber das ist für den Moment egal, erst einmal heißt es da hochkommen. Allmählich spüren wir die Höhe, unsere mangelhafte Akklimatisation holt uns doch noch ein. Unsere Schritte werden schwerer, wir verlangsamen unser Tempo, bis wir im Schneckenschritt die unendlich scheinende Kuppe des Mount Blanc hochkriechen. Zum Glück hat die Seilschaft vor uns gespurt. Wir laufen zwar seeeehr langsam, aber wir bleiben nicht stehen, ehe wir eine Stunde später den höchsten Gipfel Europas erreichen. Was ein Gefühl. Unsere Kopfschmerzen werden in der Höhe zu stark um hier eine längere Verschnauf-Pause zu machen. Also steigen wir nach dem obligatorischen Gipfel-Selfie über den Grat bis zu dem Vallot Bivak auf der anderen Seite ab. Das Innere des Bivaks sieht fürchterlich vermockt aus. Aber das ist mir gerade egal, mein Kreislauf verabschiedet sich und ich lege mich kurz hin. Auch Bálint hat mit Kopfschmerzen zu kämpfen und uns kommen Zweifel auf, ob wir es heute noch hier wegschaffen. „Komm, wir müssen dringend runter.“ - also gut. Es wird sich wieder hochgekämpft. Zurück in die Nassen Handschuhe.

Und so watscheln wir über den Dom de Gouter weiter hinunter. Ein vorbeigehender Bergführer hilft uns mit einem Power-Shot aus, der es auf unsere Einkaufsliste für das erste Hilfe Set schafft. Mit der neugewonnenen Energie überwinden wir die letzten Höhenmeter zur Gouter Hütte. Die Nacht hier ist teuer und die Pasta schlecht, aber wir sind froh, dass wir bleiben dürfen und ein Bett bekommen. Wir waren trotz allem flott unterwegs gewesen - eine Seilschaft, die sich wie wir spontan für diese „Überschreitung“ entschieden hatte, aber weit nach uns ankam, musste auf der Bank im Schuhraum schlafen. Wir hatten noch vor 11 den Gipfel erreicht und um 13 Uhr auf der Hütte unser „Abendessen“ bestellt. Die Uhr tickt auf Hochtour eben anders. Und so dösen wir vor uns hin, bis wir uns um 4 Uhr wieder aufmachen, und durch das „Grand Couloir“ absteigen. Was eine Tour.

Wir haben haben auf dieser Tour viel gelernt. Und auch viel gelerntes das erste mal angewendet. Vorallem aber, haben wir als Seilschaft reibungslos funktioniert und den Gegebenheiten entsprechend, gute Entscheidungen getroffen. Unsere Abläufe waren eingespielt - und das macht mich stolz. Aber Eisklettern, das ist für mich erstmal raus. Ich präferiere (stand jetzt) einfach den Fels.

Vier Tage haben wir nun im Van in Chamonix auf ein gutes Wetterfenster gewartet. In den (Berg-)Sportläden hier lässt es sich die Zeit zwar gut vertreiben – wir sind jedoch sehr froh, als die Wolken den Blick auf das Mont Blanc Massiv wieder frei geben. Früh am morgen erreichen wir am 19.08. die Cosmique Hütte an und klettern gleich darauf am Mittag den Cosmique Grat als Akklimatisationstour. Abends beraten wir uns mit den anderen Bergsteigern auf der Hütte bezüglich unserer Pläne für den nächsten Tag. Wir blicken von der Hüttenterasse auf die Seracs des Mt. Blanc du Tacul. Hier ist zwei Wochen zuvor ein Unglück passiert - ein großer Serac hat sich gelöst und mehrere Seilschaften mitgerissen. Nach dem Unfall kam eine Schlechtwetter-Periode. Es hat viel geschneit und es gibt demnach nirgends Aufstiegsspuren. Nichtsdestotrotz, sollen die Touren-Bedingungen morgen sehr gut werden - die klare Nacht verspricht festen Firn und gutes Wetter soll den ganzen Tag über anhalten.

Wir treffen die Entscheidung, morgen erst einmal bis auf die Schulter des Tacul aufzusteigen. Dort würden wir abwägen - entweder wir gehen auf den Gipfel des Tacul und steigen zügig wieder ab um das Risiko einer Serac Lawine zu minimieren. Oder - sollten wir uns gut fühlen und schnell vorankommen, würden wir noch versuchen im Anschluss die Schulter des Maudite zu erreichen. Die Maudite steht hinter dem Tacul und ist der 2. Berg, der bei der Trois Monts Route auf den Mount Blanc überschritten wird. Die Schulter des Maudite stellt zudem die Schlüsselstelle der Tour dar. Die Flanke ist sehr steil und nicht absicherbar. Bei Blankeis wird sie unmöglich, aber auch mit Schnee bleibt die Stelle heikel - wenn jemand rutscht, würde man hier die ganze Seilschaft mitreißen. Nach der Schulter, ist der Weg zum Mount Blanc dann allerdings technisch nicht mehr anspruchsvoll. Hier warten „nur noch“ ein weiterer Abstieg und ein langer Aufstieg (in 4.500-4.800 Metern Höhe) auf das Dach Europas. Wir würden uns die Schlüsselstelle bei der Maudite morgen früh gerne schon einmal anschauen und abwägen, ob wir uns diese übermorgen zutrauen würden. Im besten Falle würden wir übermorgen dann gut akklimatisiert und mit Vorwissen über die Trois Monts Route den Mount Blanc erklettern. Und doch sollte es anders kommen...

Um 1:30 klingelt unser Wecker, pünktlich um 2:30 erreichen wir über den Gletscher den Fuße des Tacul. Unser Material und unser Seil haben wir gestern schon vorbereitet, unser Frühstück ist kurz und das Anziehen geht schnell. Wir sind ein eingespieltes Team und daher auch eine der ersten Seilschaften in der Route. Ich laufe den ersten Teil vorne und suche uns unseren Weg über einen großen Bergschrund, einige Spalten und Steilhänge. Das Gelände ist durchgehend steil, ich bin froh, dass ich mein Pickel vor jedem Schritt tief in den Firn schlagen kann und so gut Halt finde. Es ist stockfinster und ich konzentriere mich auf die präzise Platzierung meiner Steigeisen im Schein meiner Stirnlampe. Wir bleiben den ganzen Weg über am Seil eingebunden. Als mir bei einem senkrechten Firnhang ein Schuh aufgeht, wird mir mulmig zumute. Wenn ich jetzt Rutsche, zieht es uns beide in die Tiefe. Um Meinen Schuh neu zu binden ist es viel zu steil. Ich schlage meinen Pickel also noch fester in das Eis und konzentriere mich darauf, trotz wenig halt im linken Fuß immer mindestens drei Kontaktpunkte zur Wand vor mir zu haben. Oben angekommen atme ich erleichtert tief durch und wir tauschen die Führung - für den nächsten Abschnitt muss ich mich nicht mehr auf die Wegfindung konzentrieren.

Wenig später haben wir auch schon die Schulter des Tacul erreicht. Die Uhr verrät - es ist 4:30, wir haben 2 Stunden gebraucht und liegen vor unserer vereinbarten Cut-Off-Zeit. Wir fühlen uns beide sehr fit, die Höhenmeter gehen uns leicht von der Hand und wir sind nicht müde. Allerdings wird uns etwas bewusst: „Das was wir da gerade hoch sind, das gehe ich nicht im Abstieg zurück“ - sage ich. Wir sind uns einig. Die einzige Alternative zu dem steilen Tacul-Hang unter den bedrohlichen Seracs ist: der Aufstieg auf den Mount Blanc. Und den Anschließenden Abstieg auf der anderen Seite - auf dem Normalweg. Also gut, so soll es sein. Schlimmer kann es nicht werden (denken wir hier jedenfalls noch).

Wir steigen also von der Schulter des Tacul ein Stück ab, und zur Maudite wieder auf. Wir sind zu weit links, stellen wir mit den anderen Seilschaften fest und versuchen es weiter rechts. Wir erreichen den Grund einer Spalte, über die wir drüber müssen. Eine Seilschaft vor uns beginnt die Kletterei. Sie hämmern so viel Eis auf und runter, dass wir skeptisch werden und uns für einen Weg weiter rechts entscheiden. Ein Eis-Couloir - recht Steil, aber bestimmt besser als das, was die anderen da hoch sind (denken wir). Bálint steigt vor - er hat die Theorie des Eiskletterns vorbildlich via YouTube erlernt. Er hat sich daher auch - zu unserem Glück - dafür entscheiden Quarks (zwei schwere, gebogene Eisgeräte) mitzunehmen. So kommen diese hier zum Einsatz.

Ich tue mich im Nachstieg mit meinem einen Hochtourenpickel schwer. Immerhin ist die eisqualität hier gut genug für eine Eisschraube, über die Bálint mich nachsichert. Wofür ich sehr dankbar bin. Wir wiederholen diese Prozedur über vier Seillängen. Die dritte ist besonders steil, die Absicherung nicht sonderlich gut und meine Emotionen überwältigen mich für einen Moment. Bálint spricht mir Mut zu, ich atme tief durch und habe meine Panik wieder unter Kontrolle. In das Eis vor uns gelehnt, mit brennenden Waden auf den Frontalzacken unserer Steigeisen, werden Hände und Füße immer kälter. Ich bin so froh, als wir nach einer Traverse das 80 Grad steile Couloir hinter uns lassen und in Aufstieg die Spuren der Seilschaften vor uns finden. Sie sind uns nun einiges Voraus, wir haben in unserem Exkurs Zeit verloren. In der Zwischenzeit ist die Sonne aufgegegangen, wir schalten unsere Stirnlampen aus und vor uns taucht die eigentlich Schlüsselstelle, die „Crux" der Route auf.

Die schneebedeckte Eiswand zur Schulter der Maudite ist ebenfalls kein Spaß, aber bei weitem besser als das, was wir gerade hinter uns haben. Der in der Tourenbeschreibung als „entschärfend“ beschriebene Bohrhaken kommt viel zu spät, um die schwerste Passage zu entschärfen. Aber egal, wir haben fast die Schulter erreicht. Noch ein paar Schritte und wir sind oben. „Da unten in der Sonne machen wir Pause“ - es folgt ein weiterer Abstieg über ein paar Spalten, nichts wildes. Und dann Durchatmen. Wir umarmen uns - es fühlt sich Absurd an, was wir da hinter uns bracht haben. Die Bedingungen und die veränderte Route (durch den sich bewegenden Gletscher) haben die Route schwerer gemacht, als wir es uns hätten vorstellen können. Aber wir haben’s gerockt. Wir stehen im Col de Brenva auf 4.300 Meteren. Jetzt heißt es nur noch 500 Meter aufsteigen. Ein schneller Riegel und wir begeben uns an den Aufstieg. Ich spüre, wie das Adrenalin in meinem Körper nachlässt und ein Teil der Anspannung von mir fällt. Wir wissen zwar nicht, wo wir heute schlafen, wo und ob wir ankommen werden.

Aber das ist für den Moment egal, erst einmal heißt es da hochkommen. Allmählich spüren wir die Höhe, unsere mangelhafte Akklimatisation holt uns doch noch ein. Unsere Schritte werden schwerer, wir verlangsamen unser Tempo, bis wir im Schneckenschritt die unendlich scheinende Kuppe des Mount Blanc hochkriechen. Zum Glück hat die Seilschaft vor uns gespurt. Wir laufen zwar seeeehr langsam, aber wir bleiben nicht stehen, ehe wir eine Stunde später den höchsten Gipfel Europas erreichen. Was ein Gefühl. Unsere Kopfschmerzen werden in der Höhe zu stark um hier eine längere Verschnauf-Pause zu machen. Also steigen wir nach dem obligatorischen Gipfel-Selfie über den Grat bis zu dem Vallot Bivak auf der anderen Seite ab. Das Innere des Bivaks sieht fürchterlich vermockt aus. Aber das ist mir gerade egal, mein Kreislauf verabschiedet sich und ich lege mich kurz hin. Auch Bálint hat mit Kopfschmerzen zu kämpfen und uns kommen Zweifel auf, ob wir es heute noch hier wegschaffen. „Komm, wir müssen dringend runter.“ - also gut. Es wird sich wieder hochgekämpft. Zurück in die Nassen Handschuhe.

Und so watscheln wir über den Dom de Gouter weiter hinunter. Ein vorbeigehender Bergführer hilft uns mit einem Power-Shot aus, der es auf unsere Einkaufsliste für das erste Hilfe Set schafft. Mit der neugewonnenen Energie überwinden wir die letzten Höhenmeter zur Gouter Hütte. Die Nacht hier ist teuer und die Pasta schlecht, aber wir sind froh, dass wir bleiben dürfen und ein Bett bekommen. Wir waren trotz allem flott unterwegs gewesen - eine Seilschaft, die sich wie wir spontan für diese „Überschreitung“ entschieden hatte, aber weit nach uns ankam, musste auf der Bank im Schuhraum schlafen. Wir hatten noch vor 11 den Gipfel erreicht und um 13 Uhr auf der Hütte unser „Abendessen“ bestellt. Die Uhr tickt auf Hochtour eben anders. Und so dösen wir vor uns hin, bis wir uns um 4 Uhr wieder aufmachen, und durch das „Grand Couloir“ absteigen. Was eine Tour.

Wir haben haben auf dieser Tour viel gelernt. Und auch viel gelerntes das erste mal angewendet. Vorallem aber, haben wir als Seilschaft reibungslos funktioniert und den Gegebenheiten entsprechend, gute Entscheidungen getroffen. Unsere Abläufe waren eingespielt - und das macht mich stolz. Aber Eisklettern, das ist für mich erstmal raus. Ich präferiere (stand jetzt) einfach den Fels.

Vier Tage haben wir nun im Van in Chamonix auf ein gutes Wetterfenster gewartet. In den (Berg-)Sportläden hier lässt es sich die Zeit zwar gut vertreiben – wir sind jedoch sehr froh, als die Wolken den Blick auf das Mont Blanc Massiv wieder frei geben. Früh am morgen erreichen wir am 19.08. die Cosmique Hütte an und klettern gleich darauf am Mittag den Cosmique Grat als Akklimatisationstour. Abends beraten wir uns mit den anderen Bergsteigern auf der Hütte bezüglich unserer Pläne für den nächsten Tag. Wir blicken von der Hüttenterasse auf die Seracs des Mt. Blanc du Tacul. Hier ist zwei Wochen zuvor ein Unglück passiert - ein großer Serac hat sich gelöst und mehrere Seilschaften mitgerissen. Nach dem Unfall kam eine Schlechtwetter-Periode. Es hat viel geschneit und es gibt demnach nirgends Aufstiegsspuren. Nichtsdestotrotz, sollen die Touren-Bedingungen morgen sehr gut werden - die klare Nacht verspricht festen Firn und gutes Wetter soll den ganzen Tag über anhalten.

Wir treffen die Entscheidung, morgen erst einmal bis auf die Schulter des Tacul aufzusteigen. Dort würden wir abwägen - entweder wir gehen auf den Gipfel des Tacul und steigen zügig wieder ab um das Risiko einer Serac Lawine zu minimieren. Oder - sollten wir uns gut fühlen und schnell vorankommen, würden wir noch versuchen im Anschluss die Schulter des Maudite zu erreichen. Die Maudite steht hinter dem Tacul und ist der 2. Berg, der bei der Trois Monts Route auf den Mount Blanc überschritten wird. Die Schulter des Maudite stellt zudem die Schlüsselstelle der Tour dar. Die Flanke ist sehr steil und nicht absicherbar. Bei Blankeis wird sie unmöglich, aber auch mit Schnee bleibt die Stelle heikel - wenn jemand rutscht, würde man hier die ganze Seilschaft mitreißen. Nach der Schulter, ist der Weg zum Mount Blanc dann allerdings technisch nicht mehr anspruchsvoll. Hier warten „nur noch“ ein weiterer Abstieg und ein langer Aufstieg (in 4.500-4.800 Metern Höhe) auf das Dach Europas. Wir würden uns die Schlüsselstelle bei der Maudite morgen früh gerne schon einmal anschauen und abwägen, ob wir uns diese übermorgen zutrauen würden. Im besten Falle würden wir übermorgen dann gut akklimatisiert und mit Vorwissen über die Trois Monts Route den Mount Blanc erklettern. Und doch sollte es anders kommen...

Um 1:30 klingelt unser Wecker, pünktlich um 2:30 erreichen wir über den Gletscher den Fuße des Tacul. Unser Material und unser Seil haben wir gestern schon vorbereitet, unser Frühstück ist kurz und das Anziehen geht schnell. Wir sind ein eingespieltes Team und daher auch eine der ersten Seilschaften in der Route. Ich laufe den ersten Teil vorne und suche uns unseren Weg über einen großen Bergschrund, einige Spalten und Steilhänge. Das Gelände ist durchgehend steil, ich bin froh, dass ich mein Pickel vor jedem Schritt tief in den Firn schlagen kann und so gut Halt finde. Es ist stockfinster und ich konzentriere mich auf die präzise Platzierung meiner Steigeisen im Schein meiner Stirnlampe. Wir bleiben den ganzen Weg über am Seil eingebunden. Als mir bei einem senkrechten Firnhang ein Schuh aufgeht, wird mir mulmig zumute. Wenn ich jetzt Rutsche, zieht es uns beide in die Tiefe. Um Meinen Schuh neu zu binden ist es viel zu steil. Ich schlage meinen Pickel also noch fester in das Eis und konzentriere mich darauf, trotz wenig halt im linken Fuß immer mindestens drei Kontaktpunkte zur Wand vor mir zu haben. Oben angekommen atme ich erleichtert tief durch und wir tauschen die Führung - für den nächsten Abschnitt muss ich mich nicht mehr auf die Wegfindung konzentrieren.

Wenig später haben wir auch schon die Schulter des Tacul erreicht. Die Uhr verrät - es ist 4:30, wir haben 2 Stunden gebraucht und liegen vor unserer vereinbarten Cut-Off-Zeit. Wir fühlen uns beide sehr fit, die Höhenmeter gehen uns leicht von der Hand und wir sind nicht müde. Allerdings wird uns etwas bewusst: „Das was wir da gerade hoch sind, das gehe ich nicht im Abstieg zurück“ - sage ich. Wir sind uns einig. Die einzige Alternative zu dem steilen Tacul-Hang unter den bedrohlichen Seracs ist: der Aufstieg auf den Mount Blanc. Und den Anschließenden Abstieg auf der anderen Seite - auf dem Normalweg. Also gut, so soll es sein. Schlimmer kann es nicht werden (denken wir hier jedenfalls noch).

Wir steigen also von der Schulter des Tacul ein Stück ab, und zur Maudite wieder auf. Wir sind zu weit links, stellen wir mit den anderen Seilschaften fest und versuchen es weiter rechts. Wir erreichen den Grund einer Spalte, über die wir drüber müssen. Eine Seilschaft vor uns beginnt die Kletterei. Sie hämmern so viel Eis auf und runter, dass wir skeptisch werden und uns für einen Weg weiter rechts entscheiden. Ein Eis-Couloir - recht Steil, aber bestimmt besser als das, was die anderen da hoch sind (denken wir). Bálint steigt vor - er hat die Theorie des Eiskletterns vorbildlich via YouTube erlernt. Er hat sich daher auch - zu unserem Glück - dafür entscheiden Quarks (zwei schwere, gebogene Eisgeräte) mitzunehmen. So kommen diese hier zum Einsatz.

Ich tue mich im Nachstieg mit meinem einen Hochtourenpickel schwer. Immerhin ist die eisqualität hier gut genug für eine Eisschraube, über die Bálint mich nachsichert. Wofür ich sehr dankbar bin. Wir wiederholen diese Prozedur über vier Seillängen. Die dritte ist besonders steil, die Absicherung nicht sonderlich gut und meine Emotionen überwältigen mich für einen Moment. Bálint spricht mir Mut zu, ich atme tief durch und habe meine Panik wieder unter Kontrolle. In das Eis vor uns gelehnt, mit brennenden Waden auf den Frontalzacken unserer Steigeisen, werden Hände und Füße immer kälter. Ich bin so froh, als wir nach einer Traverse das 80 Grad steile Couloir hinter uns lassen und in Aufstieg die Spuren der Seilschaften vor uns finden. Sie sind uns nun einiges Voraus, wir haben in unserem Exkurs Zeit verloren. In der Zwischenzeit ist die Sonne aufgegegangen, wir schalten unsere Stirnlampen aus und vor uns taucht die eigentlich Schlüsselstelle, die „Crux" der Route auf.

Die schneebedeckte Eiswand zur Schulter der Maudite ist ebenfalls kein Spaß, aber bei weitem besser als das, was wir gerade hinter uns haben. Der in der Tourenbeschreibung als „entschärfend“ beschriebene Bohrhaken kommt viel zu spät, um die schwerste Passage zu entschärfen. Aber egal, wir haben fast die Schulter erreicht. Noch ein paar Schritte und wir sind oben. „Da unten in der Sonne machen wir Pause“ - es folgt ein weiterer Abstieg über ein paar Spalten, nichts wildes. Und dann Durchatmen. Wir umarmen uns - es fühlt sich Absurd an, was wir da hinter uns bracht haben. Die Bedingungen und die veränderte Route (durch den sich bewegenden Gletscher) haben die Route schwerer gemacht, als wir es uns hätten vorstellen können. Aber wir haben’s gerockt. Wir stehen im Col de Brenva auf 4.300 Meteren. Jetzt heißt es nur noch 500 Meter aufsteigen. Ein schneller Riegel und wir begeben uns an den Aufstieg. Ich spüre, wie das Adrenalin in meinem Körper nachlässt und ein Teil der Anspannung von mir fällt. Wir wissen zwar nicht, wo wir heute schlafen, wo und ob wir ankommen werden.

Aber das ist für den Moment egal, erst einmal heißt es da hochkommen. Allmählich spüren wir die Höhe, unsere mangelhafte Akklimatisation holt uns doch noch ein. Unsere Schritte werden schwerer, wir verlangsamen unser Tempo, bis wir im Schneckenschritt die unendlich scheinende Kuppe des Mount Blanc hochkriechen. Zum Glück hat die Seilschaft vor uns gespurt. Wir laufen zwar seeeehr langsam, aber wir bleiben nicht stehen, ehe wir eine Stunde später den höchsten Gipfel Europas erreichen. Was ein Gefühl. Unsere Kopfschmerzen werden in der Höhe zu stark um hier eine längere Verschnauf-Pause zu machen. Also steigen wir nach dem obligatorischen Gipfel-Selfie über den Grat bis zu dem Vallot Bivak auf der anderen Seite ab. Das Innere des Bivaks sieht fürchterlich vermockt aus. Aber das ist mir gerade egal, mein Kreislauf verabschiedet sich und ich lege mich kurz hin. Auch Bálint hat mit Kopfschmerzen zu kämpfen und uns kommen Zweifel auf, ob wir es heute noch hier wegschaffen. „Komm, wir müssen dringend runter.“ - also gut. Es wird sich wieder hochgekämpft. Zurück in die Nassen Handschuhe.

Und so watscheln wir über den Dom de Gouter weiter hinunter. Ein vorbeigehender Bergführer hilft uns mit einem Power-Shot aus, der es auf unsere Einkaufsliste für das erste Hilfe Set schafft. Mit der neugewonnenen Energie überwinden wir die letzten Höhenmeter zur Gouter Hütte. Die Nacht hier ist teuer und die Pasta schlecht, aber wir sind froh, dass wir bleiben dürfen und ein Bett bekommen. Wir waren trotz allem flott unterwegs gewesen - eine Seilschaft, die sich wie wir spontan für diese „Überschreitung“ entschieden hatte, aber weit nach uns ankam, musste auf der Bank im Schuhraum schlafen. Wir hatten noch vor 11 den Gipfel erreicht und um 13 Uhr auf der Hütte unser „Abendessen“ bestellt. Die Uhr tickt auf Hochtour eben anders. Und so dösen wir vor uns hin, bis wir uns um 4 Uhr wieder aufmachen, und durch das „Grand Couloir“ absteigen. Was eine Tour.

Wir haben haben auf dieser Tour viel gelernt. Und auch viel gelerntes das erste mal angewendet. Vorallem aber, haben wir als Seilschaft reibungslos funktioniert und den Gegebenheiten entsprechend, gute Entscheidungen getroffen. Unsere Abläufe waren eingespielt - und das macht mich stolz. Aber Eisklettern, das ist für mich erstmal raus. Ich präferiere (stand jetzt) einfach den Fels.